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Neues vom Fantasten 12

„Verrätst du mir jetzt endlich, warum wir diesen Ballast mitschleppen?“

Piet, der sich während der gesamten Zeit geduldig zurückgehalten hatte, sah mich forschend an, indem er mit dem Daumen nach hinten deutete. „Ich meine – wenn du es nicht schaffst, diesen Parasiten trotz offensichtlicher Gewaltanwendung ein Geständnis zu entlocken, wem gelingt es dann?“

Zerknirscht stellte ich fest, dass er recht hatte – die Ameisenbisse hatten deutliche Spuren bei den Möchtegern-Attentätern hinterlassen, obwohl die Tiere selbst und auch ihr Gift längst nicht mehr vorhanden waren. Tief durchatmend tastete ich nach Gabs vertrauter Anwesenheit in meinem Kopf und wartete darauf, dass sie mir wie üblich verbieten würde, ihrem Vater reinen Wein einzuschenken. Komischerweise geschah dies nicht. Sie schwieg und überließ mir damit die Entscheidung.

„Deine Tochter schafft es“, gab ich leise zurück.

„Was – Debbie?“

Der Mann neben mir lachte schallend auf. Jedoch nur kurz, weil er den Ausdruck in meinem Gesicht wohl bemerkte.

„Du weißt, dass es so ist“, fügte ich ruhig hinzu. „Ich lüge dich nicht an – kann ich gar nicht. Und ich wollte es euch schon seit Ewigkeiten sagen, aber der Zeitpunkt war einfach noch nicht reif ... Euer Mädchen ist sehr viel mehr als nur irgendein Kind. Ich denke, so viel ist Annie und dir sicherlich klar.“

Piet nickte stumm und biss sich auf die Lippe. „Sie ist ... außergewöhnlich, das wissen wir. Besonders klug, begabt und mit unheimlichen Fähigkeiten ausgestattet ... genau wie du. Nur eben doch anders. Debbie halt. Ich weiß, dass sie uns um den kleinen Finger wickelt, so wie beinah alle Leute, mit denen sie es zu tun hat. Sie stellt irgendwas mit uns an ... beeinflusst uns auf gewisse Weise. Wir merken es immer erst hinterher, wenn es schon zu spät ist. Und du meinst, dass sie ihre Begabung dazu einsetzen kann, diese Männer auszuhorchen? Ihnen Geheimnisse zu entreißen, die sie selbst unter Folter nicht preisgeben wollten?“

Ich nickte.

Die Augen meines Schwiegersohns wurden groß, als sich Begreifen darin ausbreitete.

„Das ist ... nein, das lasse ich nicht zu! Sie ist viel zu jung dafür – wie soll sie das kontrollieren? Wenn sie wirklich so starke mentale Fähigkeiten hat, wie du sagst, dann könnte ihr eine solche Befragung doch sicherlich auch selbst Schaden zufügen. Seelische Wunden, die ihre kleine Kinderseele unmöglich verkraftet ... Das kannst du ihr nicht zumuten, Simon!“

„Und wenn ich dir sage, dass dein Kind ... eigentlich nur noch aussieht wie ein zehnjähriges Mädchen? Dass sie innerlich sehr viel älter und erfahrener ist, jemand, der geschickt wurde, um eine äußerst wichtige, schwierige Aufgabe auf dieser Welt zu erfüllen?“

„Du spinnst! Ich wusste immer, dass du komplett abgedreht bist – aber dass du meine Tochter in diese Geschichte mit hineinziehst ... du, du ...“

Er brach ab, keuchte, ballte die Fäuste in hilfloser, verzweifelter Wut.

Vielleicht wartest du lieber mit Einzelheiten, bis ihr zu Hause seid? Dann kann ich den gröbsten Schwung abfangen ...

Diesen Rat hätte ich nicht gebraucht, da Piet ohnehin nicht fähig schien, noch mehr zu verkraften. 

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