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Die Welt des Fantasten - Teil 3

Wie bereits kurz angedeutet, ändert sich Simons Sicht auf die Welt mit der Zeit. Im ersten Band wird sein hindernisreicher Weg vom Kind zum Erwachsenen beschrieben.

Hier ein Beispiel aus der Sicht des knapp fünfjährigen Simon, der gegen seinen Willen in einem Institut zur Erforschung paranormaler Phänomene festgehalten wird:

 

Ich glaube, alle Eltern schützen ihre Kinder instinktiv davor, an gefährliche Gegenstände zu gelangen oder lebensgefährliche Aktionen durchzuführen. Bei mir bestand dieser Schutz hauptsächlich darin, mir die fraglichen Gegenstände und Aktionen gar nicht erst zu zeigen. Sinnvoll, wenn man bedenkt, worin meine Begabung besteht. Alles, was ich schon mal gesehen habe, kann ich erdenken. Und sofern ich weiß, wie es funktioniert, bin ich auch fähig, es zu benutzen.

Ich war zwar damals noch keine fünf, aber ich konnte mir bereits eine ganze Menge vorstellen.

Auf meiner Liegestatt ersann ich Rachepläne - einer furchtbarer als der andere. Bernd sollte Kekskrümel im Bett vorfinden, Frau Santers Eis wollte ich mit Senf garnieren (das hatte ich mal bei Papa gemacht und durfte dafür drei Tage lang keine Hörspiel-CDs hören). Als schlimmste aller Strafen überlegte ich, dem doofen Doktor Uhu ins Haar zu schmieren. Das hatte ich bei Jannis aus meiner Kindergartengruppe getan. Dieser hatte mich zuvor dermaßen geärgert, dass ich nicht anders konnte. Der Junge hatte geschrien und geweint, als der Flüssigkleber alles zugekleistert hatte, sich seine Haare nicht mehr kämmen ließen, ganz hart wurden und in unmöglichen Formationen abstanden. Es gab einen Riesenaufstand, weil niemand wusste, was da wie geschehen war. Jannis gab mir die Schuld, konnte es aber nicht beweisen. Die Erzieherinnen standen vor einem Rätsel, das sich nicht lösen ließ. Erst am Ende des Kindergartentages - kurz bevor Jannis abgeholt wurde - verschwand der Kleber auf wundersame Weise, so dass ihm seine Eltern die Geschichte nicht mal glauben wollten. Das war Rache pur! Zumindest in den Augen eines Viereinhalbjährigen.

 

Im Vergleich dazu hier eine Szene aus dem zweiten Teil, in dem Simon vierzehn Jahre alt ist, sich in Begleitung eines Kommissars in den VAE befindet und soeben erfahren hat, dass die Schwester seines Mentors entführt wurde:

 

 „Tut mir leid, aber das kann ich nicht zulassen, Simon!“

Die Stimme meines erwachsenen Freundes klang jetzt sehr ernst und ungewohnt scharf. „Deine Eltern haben mir die Verantwortung für dich übertragen. Ich werde den Teufel tun und ein solch halsbrecherisches Unternehmen unterstützen! Morgen helfe ich dir bei der Suche, versprochen.“

Seine Worte machten mich wütend, wo ich ohnehin bereits verzweifelt war. Eine gefährliche Mischung.

„Dann gehe ich halt ohne dich!“, brüllte ich lautstark, so dass Passanten sich verwundert nach uns umdrehten.

„Nein, das wirst du nicht tun!“ 

Es war ein Befehl, hart wie ein Pistolenschuss. Der erste und einzige, den er je versucht hatte, mir zu geben. Beinah gelang es ihm, mich damit einzuschüchtern. Allerdings nur fast. Dann siegte das Gefühl der Gefahr für Sahira.

„Versuch doch, mich daran zu hindern!“, zischte ich, goss seine Füße temporär in Beton und verschwand im Schatten zwischen den Häusern.

„Simon, warte doch bitte!“, hörte ich seine gedämpfte Stimme hinter mir. Doch ich war zu wütend, aufgewühlt und verzweifelt, um seiner Bitte zu folgen.

Im Schutz der Dunkelheit eines Hinterhofs bestieg ich meinen gedachten Helikopter. Beim Aufsteigen sah ich meinen Freund hilflos auf dem Gehsteig stehen und zu mir aufstarren.

 

Im dritten und letzten Buchteil des ersten Bandes besucht Simon kurz nach dem Abitur seinen zukünftigen Chef im Büro, indem er unbemerkt ins hoch gesicherte Hauptquartier des BND eindringt.

 

„Das bringt mich zu meiner nächsten Frage“, meinte mein Gegenüber in beiläufigem Tonfall, sah mich dabei jedoch so scharf an, dass ich genau wusste, was er wissen wollte und wie dringend er darauf wartete. Dennoch sah ich ihn unschuldig und erwartungsvoll an.

Einen Moment lang starrte er beinah fassungslos zurück, musterte mich von Kopf bis Fuß, bevor er noch einmal leicht den Kopf schüttelte.

„Was zum Henker ist denn nun so besonders an Ihnen, dass alle Welt - und ich muss mich ja dazu rechnen - Ihnen nachzulaufen scheint?“

Ich lachte kurz und nahm ihm das Amulett ab, das er noch immer vor sich hielt - diesmal ohne mich von meinem Platz zu bewegen.

„Entschuldigen Sie, aber das hätte ich gern zurück“, sagte ich dabei.

Sein Blick wurde starr, seine Gesichtsfarbe änderte sich erneut leicht.

„Wie ...“, begann er, während er verfolgte, wie ich mir das Schmuckstück umhängte, ohne es dabei zu berühren.

„Sie wollten doch wissen, was das Besondere an mir ist. Nun, ich habe eine recht krasse Art der Vorstellungskraft ...“

 Meine Erklärung dazu war eher rudimentär - keine Details, keine Ausschmückungen, nur die schlichten Tatsachen und jeweils ein praktisches Beispiel dazu. Er brauchte längst nicht alles zu erfahren, um zu erkennen, welch gewaltiges Potential er da vor sich hatte. Er war ein Praktiker, darin geschult, Menschen zu analysieren, Gefahren einzuschätzen und angemessen darauf zu reagieren. Ich wusste nun, warum das Amulett ihn ausgewählt hatte. Er verstand auch ohne viele Worte, worum es hier wirklich ging: Vertrauen.

 

 

Morgen gibt es noch einige möglichst spoilerfreie Hinweise auf Simons fantastische Entwicklung in den weiteren Bänden. Denn auch als Erwachsener ist seine Reise längst nicht zu Ende – sie hat im Gegenteil gerade erst begonnen ... 

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